Einige Klinische Ergebinsse

Klinische Ergebnisse der Anwendung von Artemisia annua – Tee

Die Isolierung von Artemisinin aus der chinesischen Arzneipflanze Artemisia annua (1972) und die Anwendung semisynthetischer Medikamente aus Artemisia haben die Therapiemöglichkeiten gegen Malaria zweifellos erweitert. In zahlreichen Studien aus tropischen Ländern wurde das große Potential der aus Artemisia gewonnenen Medikamente gezeigt (1-4 ).

Dagegen wurden  - ausser von uns -  keine klinischen Studien über die Wirksamkeit und Sicherheit der Teepräparation aus getrockneten Artemisiablättern durchgeführt. Dies ist verwunderlich in Anbetracht der Tatsache, dass die traditionelle chinesische Teeanwendung seit über tausend Jahren gut dokumentiert ist (5) und auch in der aktuellen Pharmakopoe der Volksrepublik China beschrieben wird (6).

Medikamente aus Artemisininderivaten sind auch in den großen Städten Afrikas erhältlich. Der Preis liegt in Städten wie Kampala, Uganda und Nairobi, Kenya zwischen $10 und $15.  und ist somit für den Großteil der Bevölkerung Afrikas unerschwinglich.

Spezielle Züchtungen von Artemisia annua werden für den industriellen Export in Ländern wie Madagaskar (7) und Tansania (8) bereits angebaut. Auch eigene Erfahrungen zeigen, dass ein Hybrid, wir nennen es "Artemisia annua anamed" ("A3") in tropischen Ländern angebaut werden kann (9).

Aus diesen Gründen wird von ANAMED (10) seit 1997 geprüft, ob Blätter dieser Züchtung, die einen hohen Gehalt des Wirkstoffs Artemisinin aufweisen, als lokal anbaubare Arzneipflanze zur Malariabehandlung genutzt werden können. "Anamed Zentren", die bereits Artemisia annua anwenden, werden aufgefordert, die Behandlungen genau zu protokollieren und anderen Gruppen des Netzwerkes mitzuteilen. Die Daten aus drei Zentren sollen hier vorgestellt werden:

Art der Anwendung

5 g getrockneter A-3 Blätter werden mit einem Liter kochendem Wasser übergossen, 10 bis 15 Minuten stehen gelassen und dann abfiltriert. Der Tee wird dann über den Tag verteilt in vier Portionen getrunken. Die Behandlungsdauer betrug fünf bis sieben Tage.

Ergebnisse

Drei Arbeitsgruppen in D.R.Kongo schickten ausführliche Berichte mit Angaben zu den einzelnen Patienten, zu Nebenwirkungen und klinischen Verlauf, sowie zu Laboruntersuchungen. Die drei Beobachtungsstudien waren mit Einverständnis der lokalen Regierungsärzte und nach informiertem Konsens der Patienten durchgeführt worden.

1. Nebobongo

Aus Nebobongo (Nordosten D.R. Kongo, in der Nähe der Stadt Isiro) stellten wir bereits die Ergebnisse der Anwendung an 48 Patienten vor (9).

Von 48 Patienten, die auf Grund von Malariatypischen Beschwerden ins Hospital gekommen waren und bei denen Malaria-Parasiten (alle P. falciparum) im Blut nachgewiesen wurden, konnten nach Behandlung (5 Tage) bei 44 (92%) keine Parasiten mehr im Dicken Bluttropfen nachgewiesen werden. 37 Patienten gaben an, frei von Beschwerden zu sein, bei 11 Patienten bestanden weiterhin Beschwerden, darunter Kopfschmerzen (3 Pat.), Fieber (1 Pat.), Gelenkschmerzen (4 Pat.), Schwindel (1 Pat).

Es wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen festgestellt, 11 Patienten (25%) berichteten Übelkeit, die jedoch in keinem der Fälle zum Abbruch der Einnahme führte.

In dieser Untersuchung wurden keine Angaben über die Parasitendichte im Blut der Patienten gemacht, auch über Rückfälle nach der Behandlung liegen keine Angaben vor.

Nebobongo befindet sich in einem holoendemischen Malariagebiet, die Patienten waren alle älter als 18 Jahre und hatten ausschließlich in Endemiegebieten gelebt.

Die Patienten wurden von dem leitenden Arzt des Hospitals Nebobongo betreut, die Laboruntersuchungen wurden von qualifizierten Laborassistenten durchgeführt.

2. Lwiro, Bukavu

In dem örtlichen Gesundheitszentrum TALKIS von Lwiro ( etwa 60 km nördlich von Bukavu, Nordosten der D.R. Kongo) wurden unter Leitung des Biologen Innocent Balagizi und Aufsicht der Krankenpfleger und eines Laborassistenten, zwischen Februar 1998 und August 1999 insgesamt 91 Patienten mit Artemisia – Tee über fünf Tage behandelt. Alle Patienten hatten wegen zumindest einem malariatypischen Symptom das Gesundheitszentrum aufgesucht und bei allen waren im  Dicken Tropfen Plasmodien ( P.falciparum = 59 Pat, P. malariae 15 Pat, P. falciparum + P.malariae 15 Pat, P. falciparum + P. Vivax = 2) festgestellt worden. Auch diese Patienten hatten überwiegend in Malariaendemiegebieten gelebt, so dass von einem hohen Immunstatus gegen Malaria ausgegangen wird. Fünf Patienten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung unter 18 Jahre. ( 17 Monate, 19 Monate, 10, 11 und 17 Jahre).

Von 91 Patienten waren nach Behandlung bei 86 Patienten (95 %) keine Parasiten mehr im dicken Tropfen nachweisbar. Unter Therapie  nannten 21 Patienten an Beschwerden Schwindel, 11 Übelkeit, 10 Ohrengeräusche, 8 Sehstörungen (“soft eye sight”), 2 Juckreiz und zwei weitere Patienten nannten Bauchschmerzen. 31 Patienten gaben keine neuen Beschwerden unter der Behandlung an. Bei allen der fünf behandelten Kindern war der dicke Bluttropfen nach Behandlung negativ.

Bei 24 Patienten wurde die Parasitendichte vor Behandlung und an jedem zweiten Tag bis zum achten Tag nach der Behandlung im Dicken Tropfen bestimmt. Vor Behandlung lagen die Parasitenwerte zwischen 4 und 175 pro Gesichtsfeld, sie nahmen in den ersten zwei Tagen stark ab und erreichten alle den Nullpunkt zwischen dem vierten und sechsten Tag. Am vierten Tag waren noch bei 14 Patienten Parasiten in Blut nachweisbar, am sechsten Tag noch bei vier und am achten Tag waren bei keinem der 24 Patienten Parasiten nachweisbar (ein Patient war auf Grund ausbleibender klinischer Besserung am 5. Behandlungstag in ein Krankenhaus überwiesen worden).

Bei 31 Patienten wurde der weitere Verlauf nach Abschluss der Behandlung untersucht. Bei allen der 31 Patienten waren unmittelbar nach Behandlung keine Parasiten mehr nachgewiesen worden. Im ersten Monat waren 4 Patienten (13%) erneut positiv, im zweiten Monat 2 Patienten (65%), im dritten Monat 6 Patienten (19%) und im vierten Monat nach Therapie 7 Patienten (23%). Im Durchschnitt kam es nach vier Monaten bei den Patienten in diesem Endemiegebiet zu einer erneut nachweisbaren Parasitämie.

3. Kinshasa

Im Rot-Kreuz-Gesundheitszentrum 75, Av. Loya, Kinshasa I wurden unter der Koordination des Ethnopharmakologen Konda Ku Mbuta 21 Patienten zwischen September 99 und Februar 2000 mit Artemisia – Tee über sieben Tage behandelt. In diesem Gesundheitszentrum arbeiten zwei Ärzte, zwei Krankenschwestern und ein diplomierter Laborassistent.

Die Patienten kamen mit positivem Dicken Tropfen und malaria-typischen Symptomen in die Ambulanz, bei 13 Patienten liegen Angaben zur Parasitendichte vor: Danach wurden zwischen 2 und 10 Trophozoiten pro Gesichtsfeld beobachtet. Alle Patienten waren älter als 18 Jahre. An unerwünschten Wirkungen während der Therapie gaben zwei Patienten Magenschmerzen an, ein Patient Bauchkoliken und ein anderer Patient Schwindel. Bei einem Patienten wurde Fieber bis zum dritten, bei einem anderen bis zum letzten Behandlungstag beobachtet. Ein Patient war bereits mit intravenösem Quinin vorbehandelt. Ein Patient, offenbar mit fortgeschrittenen Zeichen von AIDS, verstarb zwei Tage nach der Behandlung.

Bezüglich der Immunitätslage der Patienten ist zu sagen, dass Malaria in der Innenstadt von Kinshasa nicht endemisch vorkommt. Daher dürfte eine Semiimmunität der Patienten nur teilweise gegeben sein.
Nach Behandlung mit Artemisia – Tee ( 7 Tage) waren die Blutstropfen von 19 (91%) der 21 untersuchten Patienten negativ, bei zwei Patienten waren noch wenige Trophozoiten zu sehen. 20 der 21 Patienten zeigten, laut Aussage des Gesundheitszentrums, einen guten klinischen Verlauf.
Tab 1. Tabellarische Zusammenfassung der Anwendungsberichte über den Einsatz von Artemisia – Tee gegen Malaria

Tab 1. Tabellarische Zusammenfassung der Anwendungsberichte über den Einsatz von Artemisia – Tee gegen Malaria
  Nebobongo Bukavu/Lwiro Kinshasa Total
n = 48 91 21 160
DT neg. post-th. 44 (92%) 86 (95%) 19 (91%) 149 (93%)
Klin. Besserung 37 (77%) k.A. 18 (86%) -
Beschwerden 11 (25%) 58 (64%) 6 (29%) 75 (47%)
Nau + Vom 11 11 - 22
Schwindel - 21 1 22
Abd. - 2 3 5
Augen und Ohren - 18 - 18
DT.+ 30. Tag k.A. 4 (13%) k.A. -

n = Anzahl der Patienten, DT neg. post-th. = Patienten bei denen nach Therapie keine Parasiten mehr im Blut nachgewiesen wurden, Klin. Besserung = Besserung der Beschwerden während der Therapie, Beschwerden = Anzahl der Patienten, die unter Therapie Beschwerden angaben (Gesamt), Nau+Vom: Übelkeit und Erbrechen während der Therapie, Abd = Bauchschmerzen während der Therapie, Eye + Ear: Störungen des Seh- bzw. Hörvermögens während der Therapie, DT+ 30.Tag = Patienten, bei denen innerhalb von 30 Tagen erneut Parasiten im Blut gefunden wurden. K.A. = Keine Angaben

Diskussion

Beobachtungen über die Wirksamkeit des Artemisia – Tees liegen von drei Orten in der Demokratischen Republik Kongo vor. Die drei Gesundheitszentren arbeiten unabhängig voneinander, es besteht aber über ANAMED Deutschland ein Informationsaustausch.

Nach den vorliegenden Daten über insgesamt 161 Patienten wurde in allen drei Gesundheitszentren eine Heilungsrate von über 90 % beobachtet, wenn man die Abwesenheit von ungeschlechtlichen Plasmodiumformen am letzten Behandlungstag als Kriterium nimmt. Auch der klinische Verlauf der Beschwerden scheint bei der Hauptmasse der beobachteten Patienten befriedigend zu sein, auch wenn diese Angaben schwierig zu objektivieren sind.

Bei Patienten in Malaria-Endemie-Gebieten wird häufig bezweifelt, ob es sich bei den festgestellten Beschwerden um die Auswirkung von Malaria handelt. Da man häufig auch Parasiten im Blut semi-immuner Probanten ohne Beschwerden findet, stellt sich die Frage der Kausalität zumindest bei Patienten mit einer geringen Parasitendichte.

Die vorliegenden Untersuchungen können solche Zweifel nicht 100% ausräumen. Allerdings muss festgehalten werden, dass diese Daten von Patienten stammen, die nach dem klinischen Urteil der Ärzte und Krankenpfleger an Malaria erkrankt waren und somit mit Anti-Malaria- Medikamenten behandelt werden mussten.

Falsch positive Ergebnisse der Beobachtungen könnten andererseits durch (heimliche) zusätzliche Einnahme von Chloroquine oder Quinine zu Stande kommen. Chloroquine kann im Kongo auf Märkten oder in Geschäften verschreibungsfrei gekauft werden, Quinine wird in der Gegend um Bukavu aus Cinchonabäumen gewonnen und auch in traditionellen Anwendungen verwendet. Bei den vorliegenden Ergebnissen handelt es sich daher nicht um standardisierte Daten klinischer Studien.

Eine genaue Aussage zur Parasitendichte bei den behandelten Patienten ist unmöglich, da lediglich die Angabe durchschnittliche Parasitenzahl pro visuelles Feld vorliegt. Akzeptiert man die Vereinfachung, nach der ein visuelles Feld ungefähr 0.002 Mikroliter Blut darstellt (11), dann liegt die Parasitendichte im Durchschnitt bei 4800 pro Mikroliter (Angaben vorhanden bei 36 Patienten), also einer eher hohen Parasitendichte bei semi-immunen Patienten (12 ).

Bei allen semi-synthetischen Artemisinin – Derivaten (Artemether, Arteether und Artesunate) kommt es in einer Häufigkeit bis zu 50% zu einer Recrudeszenzentwicklung (3), dass heißt, eine kleine (mikroskopisch nicht mehr nachweisbare) Anzahl von Plasmodien im Blut überleben die Therapie, multiplizieren sich erneut, bis die Anzahl ausreicht, um eine Re – Infektion auszulösen. Mit einer Recrudescenz nach einer Therapie mit Artemisin ist auf grund der kurzen Halbwertszeit dieses Medikaments in den ersten vier Wochen nach Behandlung zu rechnen (13). Aus Bukavu wird eine erneute Nachweisbarkeit von Malariaparasiten im Blut bei 13% der behandelten Patienten im ersten Monat berichtet. Obwohl bei diesen Daten in einem hoch-endemischen Malariagebiet nicht mit Sicherheit zwischen Neuinfektion und Recrudescenz unterschieden werden kann, muss das Problem der Recrudescenz auch bei der Teezubereitung in Rechnung gestellt werden. Für eine genauere Abschätzung wären genaue epidemiologische Daten aus dem Einsatzgebiet so wie die Untersuchung der Plasmodien mit DNS – Identifikation – Techniken nötig.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse aus allen drei Zentren Hinweise auf eine sehr ausgeprägte Wirksamkeit des Artemisia – Tees, die im Besonderen für Gebiete, in denen es keine Möglichkeit gibt, ausreichend Medikamente gegen Malaria zu erwerben, ein zusätzliches Potential darstellen könnte, wenn Artemisia lokal angebaut wird.

Wichtig ist dabei anzumerken, dass es sich bei Artemisia – Tee nicht um eine Neuentwicklung, sondern um ein häufig angewandtes Medikament gegen Malaria in der traditionellen chinesischen Medizin handelt (6). Bei einem traditionellen Medikament, dessen Gebrauch über mehrere hundert Jahre nachgewiesen wurde (5), ist die Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen als niedriger einzustufen als bei einem neu hergestellten Medikament. Trotzdem muss, auch auf Grund der Tatsache, dass Artemisia annua in der afrikanischen Volksmedizin unbekannt ist, größten Wert auf die frühe Erkennung möglicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen gelegt werden. Unerwünschte Wirkungen bezüglich Seh- und Gehörstörungen wurden nur aus Bukavu berichtet, nicht aus den anderen Orten. Da es in der Gegend um Bukavu ausgedehnte Cinchonaplantagen gibt und die beschriebenen Nebenwirkungen eher auf Quininbehandlungen passen, bleibt fraglich, ob diese Wirkungen auf Artemisia zurückzuführen sind.

Insgesamt unterstreichen die bisherigen Untersuchungsberichte die Notwendigkeit, die beobachteten Ergebnisse in einer klinischen Studie weiter abzuklären. Dafür wäre meiner Meinung nach eine offene randomisierte und kontrollierte Studie am besten geeignet. Die praktische Durchführbarkeit einer solchen Arbeit unter Feldbedingungen wurde kürzlich in einer anderen Studie erörtert (14). Eine Kontrollgruppe sollte aus Patienten bestehen, die mit Chloroquine oder mit einem anderen First-Line- Medikament der jeweiligen Gegend behandelt werden. Wichtig wäre es, die tägliche Einnahme des Tees gut zu überprüfen und den zusätzlichen Gebrauch anderer Malariamittel während der Studie auszuschließen, beispielsweise durch den qualitativen Nachweis von Chloroquinmetaboliten im Urin vor und nach der Behandlung (15). Weiterhin müssten wichtige epidemiologische Daten aus der Behandlungsregion bekannt sein ( Endemiegebiet? Stabile oder instabile Transmission? Morbidität und Mortalität der Bevölkerung an Malaria, Resistenzsituation).

Wichtig wäre weiterhin nicht nur die standardisierte Dokumentation der klinischen Symptome und die Laborkontrollen (mit Messung der Parasitendichte standardisiert auf 200 ausgezählte Leukozyten) während der Therapie, sondern auch die Verlaufsbeobachtung einschließlich Laborkontrollen bis zu vier Wochen nach Ende der Behandlung.

Landesweite Anwendungen ? Pro Und Contra

CONTRA: Stark wirksame Heilpflanzen können im allgemeinen auch stark wirksame Nebenwirkungen aufweisen. Der isolierte Wirkstoff Artemisinin scheint bei klinischer Dosierung davon praktisch frei zu sein. Der Tee als Gesamtextrakt wird zwar in der traditionellen Medizin Chinas seit Jahrtau- senden verwendet, klinische Studien darüber wurden jedoch nicht angefertigt. Ein leichtfertiger Einsatz könnte auch zum Auftreten von Resistenzen führen.
Daher warnen manche Wissenschaftler, z.B. der Universität Tübingen, vor einer breiten Anwendung zum jetzigen Zeitpunkt.

PRO: Das Problem ist dringend. Alle 12 Sekunden stirbt ein Mensch an Malaria. Der nicht ganz leichte Anbau dieser Pflanze und der bittere Geschmack des daraus zubereiteten Tees dürfte dafür sorgen, dass diese Pflanze nicht im Übermass verwendet wird. Bei 161 dokumentierten Fällen wurde durch unser Teerezept eine Heilungsquote von über 90% beobachtet, und zwar bei einheimischen (und damit semi-immunen) Patienten in 3 Kliniken der Dem.Rep. Kongo. (Siehe oben).

In dieser Situation ist es daher verständlich, wenn einzelne anamed Gruppen (wie anamed Tansania, anamed Süd-Uganda) den Anbau landesweit empfehlen oder wie anamed Südkivu/Congo bereits in vielen Kliniken der ganzen Stadt Bukavu verbreitet haben. Es ist nicht zu erwarten, dass ein Staat von sich aus eine klinische Studie zum Thema "Wirkung und Nebenwirkungen von Artemisia-Tee" durchführt. Noch weniger wahrscheinlich ist es, dass dies von einer Pharmafirma organisiert würde: Der magere Gewinn aus einem Teeverkauf dürfte noch nicht einmal die Forschungskosten decken. Ein Tee würde darüberhinaus den Verbraucher zum Eigenanbau stimulieren und somit selbst die Gewinne aus etablierten Medikamenten (Lariam, Doxycyclin, Fansidar…) gefährden. Beobachtungsstudien ("observating approach") müssen daher vorläufig erfolgen, solange bis humanitäre Organisationen bereit sein werden, klinische Studien zu finanzieren.

FAZIT: Es muss den nationalen Wissenschaftlern in den jeweiligen anamed-Gruppen überlassen bleiben, inwieweit sie diese Anwendung empfehlen. Nationale Forschungsinstitute (Uganda:Makerere Universität, Bukavu: Centre de Recherche en Sciences Naturelles, Kinshasa: Centre de Recherche en Sciences de la Santé…) sind an der Entscheidungsbildung beteiligt und haben die nationalen Gesundheitsbehörden zu beraten.

Das Selbstverständnis der "anamed-coordination" in Deutschland ist es,

  1. den Hybridsamen zur Verfügung zu stellen
  2. die Besonderheiten des landwirtschaftlichen Anbaus in den Tropen zu vermitteln
  3. Wirkungen und Nebenwirkungen zu dokumentieren, und die Ergebnisse in den Landessprachen der Entwicklungsländer als Entscheidungshilfe zu veröffentlichen.

Die Entscheidung darüber, ob Artemisia annua in engem oder breiten Rahmen angebaut und verwendet wird, überlassen wir den nationalen Autoritäten. Deren Nutzen-Risiko Analyse ist ein Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit von multinationalen Pharmafirmen; zu mehr Mitspracherechten, zu mehr Demokratie im Gesundheitswesen.

Literaturnachweis

  1. WHO. Assessment of therapeutic efficacy of antimalarial drugs. WHO/MAL/96.1077. Geneva. WHO 1996.
  2. Guo-Qiao Li, Xing-Bo G, Lin-Chun Fu, Hua-Xiang Jian and Xin-Hua Wang. Clinical trials of artemisinin and its derivatives in the treatment of malaria in China. Trans. Royal Soc. Trop. Med. Hyg. (1994), 88, Suppl. 1, 5-6.
  3. Tran Tinh Hien. An overview of the clinical use of artemisinin and its derivatives in the treatment of falciparum malaria in Vietnam. Trans. Royal Soc. Trop. Med. Hyg. (1994), 88, Suppl. 1, 5-6.
  4. Nosten F. Artemisinin: large community studies Trans. Royal Soc. Trop. Med. Hyg. 88, Suppl. 1, 45-46.
  5. Woerdenbag H J, Pras N. Artemisia annua L. Der einjährige Beifuss. (1991) Z Phytotherapie 12:133-139.
  6. The Peoples Republic of China. Pharmacopoeia. Vol 1. Beijing: The People's Health Publisher, 1985.
  7. Delabays N. Biologie de la Reproduction chez l’Artemisia annua L. et Génétique de la Production en Artemisinine. (1997) Thèse de doctorat. Faculté des Sciences de l’Université de Lausanne.
  8. In the Moshi region, Tanzania, Personal observations.
  9. Mueller MS; Karhagomba IB; Hirt HM; Wemakor E. The potential of Artemisia annua L. as a locally produced remedy for malaria in the tropics: agricultural, chemical and clinical aspects. ( Non published data ).
  10. Action for Natural Medicine (ANAMED), c/o Dr. Hans Martin Hirt, Schafweide 77, D-71364 Winnenden, Germany.
  11. Petersen E, Marbiah NT, New L, Gottschau A. Comparison of two methods for enumerating malaria parasites in thick blood films. Am J Trop Med Hyg 1996; 55: 485-9.
  12. Shute GT. (1988) The microscopic diagnosis of malaria. In: Wernsdorfer WH, McGregor I (eds). Malaria. p.805, Churchill Livingstone, Edinburgh.
  13. Seidlein L, Bojang K, et al. A randomized controlled trial of Artemeter/Benflumetol, a new antimalarial and pyrimethamine/sulfadoxine in the treatment of uncomplicated falciparum malaria in African children. Am. J. Trop. Med. Hyg. 58(5), 1998, pp 638-644.
  14. Willcox M L. A clinical trial of ”AM”, a Ugandan herbal remedy for malaria. J Pub Health Med (1999)21(3), 318-324.
  15. Betschart B, Sublet A, Steiger S. (1991) Determination of antimalarial drugs under field conditions using thin layer chromatography: Journal of Planar Chromatographie. Vol. 4, p 111 -114.

Addresses of the participating groups:

  1. ANAMED Germany, c/o Dr. Hans Martin Hirt, Schafweide 77, 71364 Winnenden, Germany.
  2. Innocent Balagizi, Centre de Recherche en Sciences Naturelles, Lwiro, D.R. Congo.
  3. Konda Ku Mbuta, Centre de Santé de Croix Rouge, B.P.11.165, Kinshasa 1, D.R.Congo. Fax : via 001 212 656 1937.
  4. Dr. Markus Müller, Vogelsangstr. 7, 72144 Dusslingen, Germany.